Mit Respekt in die Berge

"Safety first" beim Skitourengehen

Skitourengehen boomt! Kein Wunder, was gibt es auch Schöneres, als die Freiheit der Berge hautnah zu erleben und nach erfolgreichem Aufstieg unverspurte Pulverhänge fahren zu dürfen? Doch es lauern auch Gefahren. Um diese so klein wie möglich zu halten und das Miteinander zwischen uns Sportlern, der Natur und der Tierwelt in diesem Winter harmonisch zu gestalten, muss man sich an gewisse Spielregeln halten. Im SalzburgerLand, aber auch überall sonst in den Bergen.

Langlauf & SkitourenPresseWinter

Ich warte schon den ganzen Herbst darauf. Kaum fällt der erste Schnee, hole ich die Tourenski aus dem Keller, überprüfe und warte das Material und schaue unruhig hinauf zu den umliegenden Gipfeln. Tourenskifahren ist eine Leidenschaft, die immer mehr Menschen in ihren Bann zieht. Sie übt eine Faszination aus, der man sich nach dem Einstieg kaum mehr entziehen kann. Einsame Aufstiege durch die tiefverschneite Natur, das Gefühl beim Gipfelsieg und bei rasanten Abfahrten durch unverspurten Tiefschnee.

Doch sobald man das freie Gelände betritt, setzt man sich automatisch auch Gefahren aus. Die oberste Prämisse muss hier sein, diese immer im Blick zu haben und sich ihrer in jeder Situation bewusst sein. Denn auch wenn ein Gipfel noch so schön in der Sonne glitzert, eine Rinne jungfräulich vor mir liegt oder ein Hang die perfekte Neigung hat, um mit voller Geschwindigkeit in langen Zügen zu fahren – wenn auch nur die kleinste Kleinigkeit dagegen spricht, dann lasse ich es. Schließlich geht es um das eigene Leben! Und natürlich auch um das der anderen. Was also gilt es genau zu beachten?

Ein Muss in den Bergen: Gesund sein und sich auch so fühlen, ausreichende Vorbereitung und die richtige Ausrüstung für die geplante Tour.

  • Gesundheit

Ist man nicht gesund, ist von einer Tour in die Berge abzuraten! Auch wenn es nur eine leichte Verkühlung ist und die geplante Route alles andere als anspruchsvoll scheint. Dennoch: Skitourengehen ist ein Ausdauersport und verlangt alles vom Körper. Vor allem das Herz und der Kreislauf sind großen Belastungen ausgesetzt, die einem gesunden Körper zwar gut tun. Ist man jedoch krank, sollte man sich solchen Anstrengungen nicht aussetzen.

Auch in diesem Winter gelten am Berg die allseits bekannten Regeln, damit wir gemeinsam gesund durch die Saison kommen. Aufs Händeschütteln oder Einschlagen sollte generell verzichtet werden, außerdem sollte der Abstand zu anderen so groß wie möglich gehalten werden. In den Bergen wird hierbei auf die Eingenverantwortung jedes einzelnen Sportlers gesetzt.

  • Vorbereitung

Warum Planung so wichtig ist? Weil sie einem in unerwarteten Situationen einen Vorsprung gibt, der entscheidend sein kann. Karten, Literatur, Internet, Experten und Einheimische bieten jede Menge Informationen über Länge, Schwierigkeitsgrad und aktuelle Verhältnisse auf der geplanten Tour.

Auch der Wetterbericht verlangt besondere Aufmerksamkeit und muss regelmäßig gecheckt werden. In den Bergen sind Wetterumstürze um ein Vielfaches unberechenbarer als unten im Tal.

Touren sollen nicht nur in Zeiten von Covid-19, sondern immer unter Einhaltung der Sicherheits­aspekte und dem eigenen Können entsprechend geplant werden. Doch gerade jetzt ist es wichtig, der Planung noch mehr Aufmerksamkeit zu schenken, um die Einsatzkräfte im alpinen Bereich und das Gesundheitssystem nicht noch mehr zu fordern. Jeder sollte sich rechtzeitig und tagesaktuell darüber informieren, welche Aufstiegsrouten und Abfahrten von den Tourismusregionen und Bergbahnen freigegeben sind bzw. empfohlen werden. Routen und Touren werden nie ohne Grund gesperrt!

  • Lawinenbericht

Der aktuelle Lawinen-Lagebericht (u.a. auf  www.lawine.salzburg.at) sollte aufmerksam vor jeder Tour studiert werden. Daraus kann man bereits erste Schlüsse auf die Situation ziehen: Was ist heute grundsätzlich zu verantworten und was nicht? Eine gewissenhafte Auswahl der Route ist Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Tour.

  • Ausrüstung

Funktion und Gewicht sind die beiden wichtigsten Faktoren, wenn es um die Auswahl des Equipments geht. Es muss im alpinen Gelände immer vollständig und den Witterungsbedingungen angepasst sein. Trotzdem ist ein besonders leichter Rucksack erstrebenswert. Notfallausrüstung ist Pflicht! Diese besteht aus LVS (Lawinenverschütteten­suchgerät), einer Lawinenschaufel, einer Lawinensonde und einer Erste-Hilfe-Ausrüstung samt Biwaksack und Mobilfunk. Viele Skitourengeher wollen auch keinen Fuß bzw. Ski ohne ihren Lawinenairbag, auch ABS-Rucksack (ABS-Avalanche Airbag System) genannt, in den Tiefschnee setzten. Dabei handelt es sich um ein wiederverwendbares Rettungsgerät, das die Überlebenswahrscheinlichkeit von Personen, die von einer Lawine erfasst werden, erhöhen soll.

Ist man dann unterwegs sind Respekt, volle Aufmerksamkeit und das Achten auf die Verhältnisse und den eigenen Körper gefordert:

  • Trinken und Pausen

Unten im Tal mag es vielleicht eine gut gemeinte Empfehlung sein, in den Bergen ist es Pflicht. Flüssigkeit, Energie und Pausen sind notwendig, um die Leistungsfähigkeit zu erhalten und konzentriert bleiben zu können. Heiße, isotonische Getränke und leichte Nahrung wie Müsliriegel oder Trockenobst sind dabei die besten Optionen. Vorsicht: Auch die Rastplätze immer mit Blick auf die Sicherheit wählen.

  • Lawinenrisiko

Auf das eigene Bauchgefühl muss gehört werden. Denn auch wenn man bei der Planung einer Tour alles richtig gemacht hat und das Risiko laut Lawinenbericht und Warnstufe gut einschätzbar ist, muss man auch unterwegs wachsam bleiben. Sobald es Anzeichen gibt, dass etwas gefährlich werden könnte, heißt es: umdrehen und vorsichtig ins Tal zurückkehren.

  • Abstand halten

Tourengeher belasten den Schnee und diese Belastungen können unter gewissen Umständen Lawinen auslösen. Entlastungsabstände von zehn Metern beim Aufstieg über steile Hänge über 30 Grad Neigung sind daher immer einzuhalten. Zusätzlich erhöhen sie den Komfort bei Spitzkehren. Bei der Abfahrt gilt ein Mindestabstand von 30 Metern. Steile Hänge sind generell nur einzeln zu befahren.

  • Stürze vermeiden und einen Helm tragen

Wer hat es noch nicht gehört? Ein Sturz gehört zum Skifahren dazu! Doch im alpinen Gelände sind Stürze Unfallursache Nummer eins. Oft verbergen sich Steine unter der Schneeoberfläche, die für Kopf und Körper gefährlich sind. Deshalb: NIE auf einen Helm bei der Abfahrt verzichten. Außerdem nimmt ein Sturz der Schneedecke zusätzlich Stabilität, was Lawinen und Schneebretter auslösen kann.

  • Kleine Gruppen bilden

Ist man in den Bergen unterwegs, sollte man nicht zu große Seilschaften bilden. Eine kleine Gruppe stellt sicher, dass man sich gegenseitig helfen kann, verringert aber auch das Risiko, Lawinen durch zu große Belastung auszulösen. Außerdem soll immer jemand im Tal informiert sein, zu welchem Zeitpunkt man wo und mit wem unterwegs ist.

  • Wir sind nur Gast in den Bergen

Die Natur gehört uns nicht, wir sind nur Gast hier. Und dementsprechend müssen wir uns auch verhalten. Dazu gehört, dass kein Abfall zurückgelassen und Lärm vermieden wird. Der Winter ist für Pflanzen und Tieren besonders herausfordernd und Störungen sind so gut es geht zu vermeiden.

Die oberste Prämisse: Nur wer absolut orts- und lawinenkundig sowie gut ausgerüstet ist, sollte gesicherte Pisten verlassen. Im Zweifelsfall sollte man sich in die geschulten Hände eines Guides begeben. Sicherheitsausrüstungen und Kenntnisse über deren Benutzung sind ebenfalls ein Muss, genauso wie das regelmäßige Üben der Personensuche im Schnee. Sicherheits-Sets können in Sportgeschäften und Skischulen in den Skigebieten ausgeliehen werden.

Sicherheitsregeln abseits der Pisten

  • Beachten Sie die aktuelle Lawinenwarnstufe und sprechen Sie mit Einheimischen über deren Einschätzung der Gefahren.
  • Planen Sie Ihre Tour entsprechend der Lawinengefahr und dem Wetterbericht. Oftmals ist es die beste Entscheidung, zu Hause zu bleiben und bessere Bedingungen abzuwarten.
  • Gehen Sie NIE (auch nicht bei geringer Lawinenwarnstufe) ohne entsprechende Ausrüstung (LVS-Gerät, Schaufel, Sonde, Handy mit genügend Akku) in das Gelände. Dies gilt für alle Gruppenmitglieder. Sportler, die nicht das entsprechende Equipment vorweisen können, müssen im Tal bleiben.
  • Die Überprüfung des LVS-Geräts vor Beginn der Tour ist lebenswichtig.
  • Entlasten Sie steile Hänge auch beim Aufstieg (10 Meter Abstand zwischen den Skitourengehern lassen).
  • Fahren Sie immer alleine in steile Hänge, bis 35 Grad Hangneigung soll der Abstand zwischen den Tourengehern mindestens 30 Meter betragen. Hänge werden so zumindest etwas entlastet.
  • Ab Warnstufe 3 sind Hänge ab 35 Grad Neigung unbedingt zu meiden.
  • Wählen Sie die richtige Jahres- und Tageszeit zum Aufstieg. Sonnenbestrahlung, Wetterumschwünge und Sonnenuntergang müssen unbedingt bedacht werden!

Die Skitouren- und Freeride-Checkliste

  • Habe ich ein funktionierendes LVS-System (auch „Pieps“ genannt) am Körper?
  • Ist meine Lawinenausrüstung mit Schaufel, Sonde, Erste-Hilfe-Paket inklusive Rettungsdecke in Ordnung?
  • Ist ein Biwaksack eingepackt?
  • Wurde mein Lawinenairbag getestet? (empfohlen)
  • Führe ich ein AvaLung mit? (empfohlen)
  • Wurden die Wetter- und Schneebedingungen gecheckt und beachtet?
    Salzburger Lawinenlagebericht www.lawine.salzburg.at/lagebericht.html
  • Wurde der Ernstfall ausreichend geübt?

Skitouren- und Freeridecamps im SalzburgerLand

Bei Skitouren- und Freeridecamps wird man auf das richtige Verhalten im Gelände vorbereitet. Erlernt werden hier die Basics für sichere Skitouren- und Freeride Abenteuer inkl. Lawinenkunde.

  • Skitourenwinter: Skitourencamps zu verschiedenen Themen und in unterschiedlichen Salzburger Regionen. Termine und Informationen unter www.skitourenwinter.at.
  • The Freeride Experience rund umSaalbach, Fieberbrunn, Maria Alm am Hochhkönig und dem Kitzsteinhorn. Termine und Informationen unter www.freeride-experience.at.
  • Skitouren Camp mit Lawinenkunde und Tourenplanung in Gastein. Eine Rundum-Schulung in Kleingruppen, um für den Skitouren-Winter bestens gerüstet zu sein. Termine und Informationen unter www.alpineguides.at.


11. Januar 2022

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Michaela Obernosterer
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